3.6.14

[ #geschichte ] Regierungssystem: Café Wahnsinn.

Die radikale Linke – Kommunisten, Anarchisten, Kaffeehausliteraten und Biertischpolitiker mit u. a. den Schriftstellern Erich Mühsam, Ernst Toller und Gustav Landauer an der Spitze – sprach sich gegen die Landtagswahlen und für ein Rätesystem aus. 

Die SPD forderte daraufhin die Einrichtung von Bürgerwehren zum Schutz der Republik; die USPD und die Soldatenräte lehnten diese Forderung ab, woraufhin Auer zurücktrat. Aus der Wahl zum verfassungsgebenden Landtag am 12. Januar 1919 ging die vor allem von der ländlichen Bevölkerung gewählte Bayrische Volkspartei mit 35 % zwar vor der SPD (33 %) als stärkste Fraktion hervor, war jedoch noch nicht durchsetzungsfähig genug, um in die erste - parlamentarische - Koalitionsregierung (zwischen SPD, USPD und Bayerischem Bauernbund) zu gelangen. Die USPD des Ministerpräsidenten Kurt Eisner erreichte nur 3 Landtagsmandate, während die SPD 61 Abgeordnete stellte und die konservative Bayerische Volkspartei sogar 66. Durch den Wahlboykott der Linken, Kommunisten und Anarchisten blieben die Rätegegner im Landtag unter sich.


Bei aller Hoch- und Geringschätzung durch die Nachgeborenen, die allzu leicht erklären, wer wen verraten hat und enthusiastisch die Münchner Räterepublik als Emanzipation und Revolution verklären, das Ganze hätte sich wohl mit ein bisschen Geduld aller Wahrscheinlichkeit nach bald selber aufgelöst. Doch das kann man heute so sehen.

Man kann es aber auch so sehen: Immerhin hatte eine durch niemand legitimierte Minderheit unter der Führung einiger Kaffeehausliteraten (die bei den Wahlen gerade mal 2,5 Prozent erreicht hatte) die Macht an sich gerissen. So ist es zum Blutbad gekommen. Reichswehr und Freikorps marschierten in Bayern ein und metzelten selbst nicht beteiligte Arbeiter nieder.


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