15.7.14

[ #kunsttherapie ] Die heilsame Kunst der Edith Kramer

Edith Kramer: Ceramic
12"X15"
1950's
Edith Kramer wurde am 29. August 1916 in Wien als Tochter von Richard und Josefine Kramer (geb. Neumann) geboren.

Ihr Onkel war der Lyriker Theodor Kramer und ihre Tante die Schauspielerin Elisabeth Neumann-Bernfeld-Viertel. Die Künstlerin wuchs bei ihrer Mutter und ihrer Tante, die in erster Ehe mit dem Psychoanalytiker und Pädagogen Siegfried Bernfeld verheiratet war, auf. Ein Haus am Grundlsee, das Elisabeth Neumann als Hochzeitsgeschenk von ihrem Vater bekam, wurde zum Sommer-Treffpunkt für Intellektuelle, Künstler, Wissenschafter, Schauspieler, Politiker und Journalisten. Die so genannten Linksfreudianer um Bernfeld trafen sich somit wenige Kilometer entfernt vom Erholungsort, an dem sich der Vater der Psychoanalyse Sigmund Freud auf Sommerfrische aufhielt.

Bereits als fünfjährige erhielt Edith Kramer den ersten Zeichenunterricht bei Trude Hammerschlag, einer Franz-Cizek-Schülerin. Die Familie zog aber ein Jahr später nach Berlin, wo das Mädchen das Landschulheim Letzlingen besuchte. 1929 nach Wien zurückgekehrt, wurde sie Schülerin der Schwarzwaldschule, die von Eugenie Schwarzwald 1901 gegründet wurde und in der erstmals Mädchen maturieren konnten. Kramer nahm wiederum den Unterricht bei Hammerschlag auf und belegte Kurse bei der Bauhaus-Künstlerin und Kunstpädagogin Friedl Dicker. Vermutlich beeinflusste deren Kenntnis über die Zeichentherapie für Kinder auch Kramers Interesse daran. Nach der Matura folgte Edith Kramer der aufgrund ihrer kommunistischen Aktivitäten nach Prag geflüchteten Friedl Dicker-Brandeis. Von dort aus pendelte sie nach Wien, um bei Fritz Wotruba das Modellieren zu lernen. Ab 1935 begann Kramer bei Annie Reich eine Analyse und besuchte die psychoanalytisch-pädagogische Arbeitsgemeinschaft von Steff Bornstein.



1937 flüchtete ihre Mutter Josefa Kramer-Neumann in den Freitod. Daraufhin emigrierte die Familie sukzessive nach Amerika – Edith Kramer gelangte mit einem Schiff von Danzig nach New York. Sie fand eine Arbeit als Handwerkslehrerin in "The Little Red Schoos Hose" in Greenwich Village und setzte ihre Psychoanalyse bei der ebenfalls geflüchteten Annie Reich fort. 1948 kehrte ihre Tante mit ihrem zweiten Ehemann Berthold Viertel nach Österreich zurück. Edith Kramer begleitete sie und bereiste auch England und Frankreich, wohnte aber weiterhin in New York und gab sich ihren zwei Leidenschaften, der Malerei und der Therapie, hin. Sie schrieb Bücher, wie "Art Therapy in a Children’s Community" und "Art as Therapy with Children" – letzteres wurde in sieben Sprachen übersetzt und gilt nach wie vor als Standardwerk für Kunsttherapeuten. Kramer arbeitete Kunsttherapieprogramme für psychisch gestörte Kinder aus den Slums aus. Auch für Krankenhäuser entwickelte sie Programme. Durch ihre Lehrtätigkeit an Universitäten und Ausstellungen eigener Werke machte sie sich in den Staaten einen Namen.



Das Hauptgewicht der Arbeit Edith Kramers liegt auf der heilenden Wirkung der Kunst bzw. des Kunstschaffens – im Unterschied zu jener Kunsttherapie, bei der die bildnerischen Produkte des Patienten in erster Linie als Hilfsmittel in der Psychotherapie dient. Bewusst tritt Kramer als Kunsttherapeutin auf, nicht als Psychotherapeutin. Nach dem Tod ihrer Tante erbte sie deren Haus am Grundlsee. Die Künstlerin verbringt  die Wintermonate in New York und die Sommermonate in diesem Haus bzw. in einer Almhütte im Eibl. Obwohl sie das Haus am Grundlsee besitzt, malt sie in der Hütte fernab jeglicher Zivilisation ohne elektrisches Licht, Wasser und Telefon. Zu ihrem 80. Geburtstag erhielt Edith Kramer im Rahmen des "Weltkongresses für Psychotherapie" das Silberne Ehrenkreuz der Stadt Wien verliehen, und 2003 bekam sie das Große goldene Verdienstkreuz des Landes Steiermark.

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