26.6.14

[ #geschichte ] General-Diwan in Ägypten.

Das Ansehen von Vivant Denon beginnt als Napoleon seine Proklamation am 3. Juli 1798 im Hauptquartier Alexandrien erlässt. Es ist der Ägyptenfeldzug Napoleons. Vivant Denon reiste mit Napoleons Truppen durch Ägypten und schrieb eine umfassende und reich bebilderte Zusammenfassung seiner Reisen, welche in ganz Europa berühmt wurde.

Napoleon und der Prophet.  Die Proklamation Napoleons hingegen ist Kriegspropaganda, und Napoleon führt zu diesem Zwecke auch bereits eine Felddruckerei mit: "Völker Ägyptens, man wird euch sagen, dass ich eure Religion abschaffen will, glaubt es nicht! Antwortet, dass ich komme, um euch euer Recht wieder zu verschaffen, die Usurpatoren zu bestrafen, und dass ich Gott, seinen Propheten und den Koran tiefer verehre als die Mameluken. Sagt ihnen, dass alle Menschen vor Gott gleich sind; Weisheit, Talente und Tugenden bedingen allein eine Verschiedenheit zwischen ihnen. Aber durch welche Weisheit, welche Talente, welche Tugenden zeichnen sich die Mameluken aus, dass sie ausschließlich alles das haben sollen, was das Leben lieblich und angenehm macht? Ist wo ein schönes Landgut, es gehört den Mameluken. Ist irgendwo eine schöne Sklavin, ein schönes Pferd, ein schönes Haus, alles dies gehört den Mameluken. Wenn sie Ägypten gepachtet haben, so mögen sie ihren Pachtvertrag zeigen, den Gott mit ihnen eingegangen ist. Aber Gott ist gegen das Volk gerecht und barmherzig."

Napoleons Versuche, Ägypten für Frankreich zu gewinnen, sind vielfältig und ermangeln keinesfalls einer gewissen Kreativität, auch wenn sie schlussendlich scheitern. So startet er mit dem "General-Diwan", der ersten repräsentativen Volksversammlung im Mittleren Osten, eine Art parlamentarischer Demokratie nach französischem Vorbild in Ägypten einzuführen. Der Versuch scheiterte schon damals am konservativen Widerstand der Scheichs, die den Status Quo erhalten sehen wollten. Eine allgemeine Landreform musste verschoben werden, und eine Annäherung an die religiösen Würdenträger durch Verhandlungen über die Konversion seiner französischen Streitkräfte zum Islam scheiterte. Doch mit dem Feldzug beginnt eine neue Ära der Ägyptologie.


Ägyptomanie. Nicht die Militärs ließen also Bonapartes Feldzug in die Geschichte eingehen - sondern Forscher und Zeichner waren es. Mit der französischen Truppenmacht reiste ein ganzer Stab von Wissenschaftlern, Künstlern und Literaten, darunter führende Köpfe ihrer Zeit. In wenigen Monaten Präsenz, zwischen Marsch und Gefecht, sammelten, vermaßen und zeichneten sie, was es nur zu sammeln, zu messen und zu zeichnen gab: Tempel und Begräbnisstätten, Goldschmuck und - damals noch mysteriöse, in Stein geprägte Schrift. Wie sehr Napoleon die Wissenschafter schätzte, belegt der Befehl vor der Schlacht bei den Pyramiden: "Esel und Gelehrte in die Mitte!" Ihm schienen die Vertreter der Wissenschaft, nächst den wertvollen Lasttieren, nun mal schützenswertes Gut. Das Ergebnis der Gelehrten füllt viele großformatige Bände. Die Gelehrten beschrieben die dortigen Denkmäler und veröffentlichten die Ergebnisse (darunter den 1799 aufgefundenen "Stein von Rosette") in 36 monumentalen Text- und Tafelbänden (Description de l'Egypte, 1809 - 1828). Zusammen mit dem illustrierten Expeditionsbericht des Baron Dominique Vivant Denon (Le Voyage dans la Basse et la Haute Egypte pendant les campagnes du Général Bonaparte, ab 1802 in 40 Auflagen) löste diese Publikation eine Ägyptomanie aus.

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