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8.1.16

[ #film ] Zensurrausch.

Der Film "Goldrausch" des "Nichtariers" Charlie Chaplin wird bereits am 8. Jänner 1935 von den deutschen Nazis aus rassischen Gründen verboten. Noch 1926 hatte dagegen das Berliner Premierepublikum als frenetisch klatschendes Publikum ein da capo des Brötchentanzes während der Vorstellung erzwungen.



Der austrofaschistischen Diktatur in Österreich war Charlie Chaplin ebenfalls nicht geheuer. 1936 kam sein Film "Moderne Zeiten" auch in Österreich als "marxistische Propaganda" unter Verdacht und die Zensurbehörden kümmerten sich um ihn.


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11.7.14

[ #zensur ] Laubsägekunst als sexuelle Begierde

Zum Schmunzeln ist folgender Zeitungsbericht (Münchner Neueste Nachrichten 463 (4.10.1904), Zeitungsausschnitt gesammelt in StaatsA Mü: Pol.dir. München 1110.): "pr. Lex Heinze. In der Ackermannschen Buchhandlung in München erschien dieser Tage ein Schutzmann und verlangte, dass ein Buch "Liebhaberkünste" aus der Auslage entfernt werde. Offenbar hatte der Schutzmann Ovids "Ars Amandi" gelesen. Die Liebhaberkünste bei Ackermann waren jedoch ein Buch über ... Laubsägearbeiten. 

Lex Heinze.  "Lex Heinze heißt die auf Anregung des Kaisers aus Anlass der Berliner Gerichtsverhandlung gegen den Zuhälter Heinze und dessen der Prostitution ergebenen Ehefrau entstandene Anlassgesetzgebung vom 25. Juni 1900 zum deutschen Strafgesetzbuch, welche die Strafvorschriften über Sittlichkeitsverbrechen, insbesondere Kuppelei und Zuhältertum erweitert und ergänzt. In Berlin ist 1981 ein Ehepaar aus dem Rotlichtmilieu wegen Mordes angeklagt. Der Töpfer Gotthilf Heinze und seine Frau Anna, eine Prostituierte, sollen über mehrere Tage ein Mädchen festgehalten, sexuell missbraucht und schließlich getötet haben. Während des Prozesses stellt sich heraus, dass Heinze nicht regelmäßig in seinem Beruf arbeitet, sondern von den Einkünften seiner Frau lebt. Ein Tabu wird öffentlich: Das Geschäft der Prostitution blüht.



Der Kaiser erbricht. Entsetzt tut über das Treiben seiner arbeitsamen Untertanen ist vor allem der Kaiser. Er bringt eine Gesetzesinitiative auf den Weg und fordert, dass Zuhälter strafrechtlich belangt werden sollen. Der erste Entwurf vom 29. Februar 1892 kam im Reichstag nicht einmal zur ersten Lesung. Im Winter 1892/93 ging der Entwurf dem Reichstag in gleicher Gestalt wieder zu. Er wurde von einer Kommission eingehend beraten. Mit 15 gegen 6 Stimmen lehnte sie den Teil des Entwurfs ab, der die Prostitution kasernieren, also die Wiederzulassung öffentlicher Häuser ermöglichen sollte. Dagegen fügte sie außer andern Zusätzen und Verschärfungen den sogenannten Arbeitgeberparagraphen ein, der die Arbeitgeber oder Dienstherren mit Strafe bedrohte, die unter Missbrauch des Arbeits- oder Dienstverhältnisses ihre Arbeiterinnen zur Duldung oder Verübung unsittlicher Handlungen bestimmen, ferner einen Paragraphen, der Ansteckung durch Geschlechtskrankheit mit Strafe bedroht. Indes kam der Entwurf über die Kommissionsberatung nicht hinaus. In den folgenden Sitzungsperioden brachte das konservative Zentrum dann den Kommissionsentwurf als eignen Antrag ein.

Kein Arbeitnehmerschutz. In der Session 1899/1900 kam auch die Regierung wieder mit einem neuen Entwurf vor den Reichstag. Eine Kommission verband ihn mit dem Zentrumsantrag. Über die auf Kuppelei und Zuhältertum bezüglichen Bestimmungen herrschte Einverständnis. Die Regierung erklärte aber den Arbeitgeberparagraphen für unannehmbar, da er zu unbegründeten Strafanträgen seitens eines eifer- und rachsüchtigen Personals führen könnte, ebenso für unannehmbar, dass die Altersgrenze für die strafbare Verführung eines unbescholtenen Mädchens von 16 auf 18 Jahre hinaufgesetzt werde. Anderseits wurde der Antrag der Regierung abgelehnt, wonach die Vorschriften über Kuppelei und Zuhältertum keine Anwendung finden sollen auf die Vermietung von Wohnungen an Frauenspersonen, die gewerbsmäßig Unzucht treiben, sofern damit nicht eine Ausbeutung des unsittlichen Erwerbes der Mieterin verbunden ist.

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10.7.14

Kakaniens endgültige Gegenreformation: Buchverbote

Die Systematik, mit der in Österreich gegen Bücher und Literatur im Ständestaat (1933-38) vorgegangen wurde, belegt auf eindrückliche Weise die Kulturlosigkeit des damaligen politischen Systems, das heute in manchen rechtskonservativen Kreisen gerne als Bollwerk gegen den deutschen Faschismus hochgelobt wird. 

Die Bücher wurden nicht, weil sie jemand gelesen hatte, sondern auf bloßem Verdacht und häufig katholischer Denunziation hin verboten. Dafür gab es zahllose "Rechtsgrundlagen" im österreichischen Ständestaat, denen allerdings die formale verfassungsrechtliche Legalität fehlte und die in ihrer wirren Praxis und dem chaotischen System das Buchverbot zu einem Risiko für den Buchhandel gestalteten und schon so äußerst vorbeugend wirkte.

Verboten wurden auch Bücher, die in Deutschland verbrannt wurden: Kurt Tucholsky, Lerne lachen ohne zu weinen (nach § 303 St. G.), Bertolt Brecht, Lieder, Gedichte, Chöre (nach §§ 303, 305 St. G.), Egon Erwin Kisch, Geschichten aus 7 Ghettos (nach § 303 St. G.), Claire Goll, Ein Mensch ertrinkt. Roman (nach § 516 St. G.), Walter Mehring, und Euch zum Trotz. Chansons, Balladen, Legenden (nach § 303 St. G.). Eine polizeiliche Hausdurchsuchung nach Waffen (!) bei dem ausgewiesenen Pazifisten veranlasste Stefan Zweig schon 1934 zum Verlassen Salzburgs. Bis 1940 lebt er in Großbritannien im Exil.


Dabei waren die Schergen offenbar nicht sonderlich gebildet oder gar belesen, konnten oft kaum mehr als den Titel lesen. So wurde auch das 1935 im Amsterdamer Querido Verlag erschienene Werk Hitler von Rudolf Olden vom 5. Jänner 1936 nach der "Demonstrationsverordnung" (!) verboten, um in der folgenden Liste vom 13. Februar wieder freigegeben zu werden. Im November 1937 wurde das Buch allerdings als Zugeständnis gegenüber den Deutschen Faschisten wieder verboten. Oldens Anti-Hitler-Buch wurde von den Deutschen logischerweise als "Hetzliteratur" eingestuft und anlässlich der Verhandlungen zwischen beiden Ländern im Juli 1937 in Wien auf die reichsdeutsche Wunschliste von Büchern gestellt, für die man sich in Österreich ein Verbreitungsverbot wünschte.

Das Buch "Notizbuch des Provinzschriftstellers Oskar Maria Graf" wurde verboten, beschlagnahmt und gegen Oskar Maria Graf ein Strafverfahren eingeleitet. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil nach der Bücherverbrennung der Nazis im Jahre 1933, bei der Graf "verschont" worden war, dieser am 12. Mai in der Wiener Arbeiter-Zeitung seinen Protest "Verbrennt mich!" veröffentlichte. Das klerikofaschistische System Österreichs reagierte nicht anders als das deutsche nazistische, freilich mit weniger Machtressourcen und auf österreichisch chaotisch, Kakanien halt.


Aus dem Beschlagnahmeverfahren gegen Graf ist die Aussage des Gerichts zum Verbot bekannt: Im Urteil heißt es u.a., die inkriminierte Stelle bildet eine Verspottung und Herabsetzung der Lehren der katholischen Kirche. Es wird in ironischer Weise zum Ausdrucke gebracht, dass das Auswendiglernen des Katechismus zur natürlichen Folge habe, dass man nichts glaube, es wird gesagt, dass, wer katholisch sei, schon darum nichts glauben könne, weil er gewissermaßen den Unglauben an alles, was ist, schon mit auf die Welt bekomme.

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