Posts mit dem Label [ #entartet] werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label [ #entartet] werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

12.5.14

[ #dichtung ] Widernatürliche Schweinereien.

Zum 50. Geburtstag (2.Mai) von Gottfried Benn erscheint der Band "Ausgewählte Gedichte", die von der SS-Zeitschrift "Das Schwarze Korps" am 7. Mai als "Perversion" und "widernatürliche Schweinereien" attackiert werden. 

Im Dezember 1937 erscheint eine neue Ausgabe der Ausgewählten Gedichte, die "gereinigt" und "bereinigt" ist. Nichtsdestotrotz wird Gottfried Benn 1938 aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und mit Schreibverbot belegt.


Wie verworren das Bild ist, das wir uns machen zeigt folgender Umstand: Als Max Herrmann-Neisse in der linksorientierten "Neuen Bücherschau" 1929 einen lobenden Artikel über Gottfried Benn veröffentlicht, treten die Mitherausgeber Kisch und Johannes R. Becher aus dem Redaktionskollektiv aus. Kisch wehrt sich vehement gegen eine Trennung von Politik und Literatur und bejaht trotzig den abschätzig gemeinten Vorwurf, ein "literarischer Lieferant politischen Propagandamaterials" zu sein. Benn tituliert er als einen "sorgfältig Weltfremden und eifrig Unverständlichen" und als einen "in seine krankhaften (schizophrenen) Hemmungen eingesponnenen Snob". Benn geifert dagegen das "Schnalzen und Schnaufen des rasenden Reporters".


1932 wurde Gottfried Benn ausgerechnet auf Vorschlag Heinrich Manns in die Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste gewählt. Benn begrüßte dann auch 1933 den Nationalsozialismus ("Der neue Staat und die Intellektuellen", Essay, 1933; "Kunst und Macht", Essay, 1934), in dem er, ein an sich unpolitischer Mensch, eine Macht sah, die dem europäischen Intellektualismus den Kampf ansagte.


[text4tube⇒]    

9.5.14

[ #geschichte ] Artige entartete Art.

Max Liebermann: Poträt von Richard Strauss, 1918
Die Musik-Künstler im Dritten Reich wurden nach 1945 sehr häufig wegen ihres unkritischen Naheverhältnisses zu den Nazi-Eliten kritisiert. Dies gilt für Böhm, Egk, Orff, Pfitzner, Lehar, Karajan, Furtwängler und eben auch Richard Strauss. 

Das Verhältnis der Künstler insgesamt zum Nationalsozialismus war ohnedies ganz anders als das Bild das man heute gerne prägt. Wenn man von der Kunst der NS-Zeit hört, denkt man an Begriffe wie "entartete Kunst", Bücherverbrennung, emigrierte oder verfolgte Künstler und an Bilder und Plastiken deutscher Herrenmenschen mit blondem Haar und mit in stählerne Muskeln eingebrannten Hakenkreuzen.


Aber viele Künstler hatten bis dahin noch gehofft, irgendwie mit dem System klar zu kommen oder befürworteten es sogar. Kandinsky wollte noch 1934 Rosenbergs Kampfbund der deutschen Kultur argumentativ unterwandern. 1934 unterschrieben neben vielen anderen Gottfried Benn, Barlach, Heckel und Mies van der Rohe einen Aufruf zur Führertreue. Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff verstanden es nie, warum ihre Bilder verboten wurden. Emil Nolde schrieb 1938 an Goebbels: "Ich empfinde dies als besondere Härte und auch besonders, weil ich vor Beginn der Nationalsozialistischen Bewegung als fast einzigster deutscher Künstler in offenem Kampf gegen die Überfremdung der deutschen Kunst, gegen das unsaubere Kunsthändlertum und gegen die Machenschaften der Liebermann und Cassirer-Zeit gekämpft habe (...) meine Kunst ist deutsch, stark, herb und innig."

Die deutsche Künstlerschaft stand dem Nationalsozialismus mit einer Mischung aus Befürwortung und Naivität gegenüber, die spätestens 1937 bestraft wurde.

[text4tube⇒]