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14.10.14

[ #architektur ] "Reichstagsausschmückungskommission" verziert "Reichsaffenhaus".

Dem deutschen Volke. 

"Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt" fleht der Regierende Bürgermeister Ernst Reuter auf einer Kundgebung im September 1948, als die Sowjets die Blockade Berlins beginnen - der Anfang des Kalten Krieges. Reuter steht vor der unbrauchbar gewordenen Ruine des Reichstags. Die Inschrift dagegen hat fast unbeschadet den II. Weltkrieg überstanden, nur zwei Buchstaben fehlten.

DEM .EUTSCHEN .OLKE
Die neue Widmung des deutschen Parlamentsgebäudes lautete damit: "DEM .EUTSCHEN .OLKE". Auf Geheiß des deutschen Kaisers musste die Inschrift 1916 aus "erbeuteten Feindeskanonen" gegossen werden. Der Architekt Peter Behrens entwirft die Schrift als Synthese von germanischer Fraktur- und römischer Antiqua-Schrift, um beide Wurzeln des deutschen Wesens zu verdeutlichen: Das Germanische und das Römische.


Reichsaffenhaus.

Diese Inschrift ist ein Kind des Krieges: Erst 1916, mitten im I. Weltkrieg und erst 22 Jahre nach Fertigstellung des Reichstages wird sie angebracht. Bis dahin hatte Wilhelm II. die Anbringung der Weiheschrift verhindert. Schon nach der Schlusssteinlegung nannte er das Reichstagsgebäude in einem Brief an seinen Intimus Eulenburg ein "Reichsaffenhaus". Und als das Gebäude am 5. Dezember 1894 eingeweiht wurde, fehlten die drei Wörter. Die Sozialdemokraten "vermuteten" schon damals, dass Kaiser Wilhelm II. ihre Anbringung verhindert hatte. Ihn störte besonders Demokratie und Parlamentarismus, wohl auch der Bau und der Architekt.

Reichstagsausschmückungskommission.

Als ein Jahr nach Beginn des Ersten Weltkrieges der Unterstaatssekretär im Reichskanzleramt, Wahnschaffe, seine Sorge in einem Brief an den Chef des Zivilkabinets, Valentini, zum Ausdruck brachte, dass der Kaiser mit jedem weiteren Kriegstag die Unterstützung des Volkes verlöre, und es begrüßenswert sei, wenn der Kaiser etwas gegen diesen Treueverlust durch die Anbringung der Inschrift unternehmen würde, ließ Wilhelm II. antworten, dass er keineswegs eine ausdrückliche Genehmigung für die Inschrift erteilen werde, aber sollte die "Reichstagsausschmückungskommission" beschließen, die Inschrift anzubringen, würde er dagegen keine Bedenken mehr erheben.

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28.9.14

[ #architektur ] Innovativ: Künstler = Lehrer = Unternehmer.

Legendär ist die Lehrtätigkeit von  Jean Prouvé zwischen 1958 bis 1971 am Conservatoire national des arts et métiers in Paris, welche die nachfolgende Architektengeneration beeinflusst. Konstruktive Vernunft, neueste Techniken der Materialbearbeitung und Unternehmungsgeist - drei Eigenschaften, die Zeit seines Lebens als Grundsatz beherzigt wurden und die Vorbild für ganze Heerscharen von Designern wurden.

Von großer Bedeutung ist der nicht ausgeführte Entwurf für einen Busbahnhof in La Villette (1933), der in Gänze aus gefaltetem Stahlblech hätte bestehen sollen: Eine Vorwegnahme des Aéro-Club in Buc (1936) und der Maison du Peuple (Haus des Volkes) in Clichy. Die Maison du Peuple in Clichy (1939) zeigt exemplarisch Prouvés Fähigkeit, noch für die komplexesten Bauvorgaben eine einfache, funktionsfähige Lösung zu finden. Das modulable Gebäude dient wahlweise als Kino- oder Ballsaal für 500 Personen, als großer Saal für 2000 Zuschauer oder als Markthalle. Dies wird dank dem abnehmbaren Fußboden im ersten Stock möglich: Ohne ihn hat man ein Atrium mit Umläufen (das Glasdach kann zudem wie ein horizontales Schiebefenster geöffnet werden, um den Markt unter freiem Himmel abzuhalten). Mit dem Fußboden entsteht ein großer oder - dank beweglichen Trennwänden - kleiner Saal.


Der Avantgardist war während des II. Weltkrieges in der Résistance aktiv und nach dem Rückzug der deutschen Besatzer für kurze Zeit Bürgermeister von Nancy. 1944 öffnet Prouvé seine Ateliers in Maxéville bei Nancy, in denen er bis zur Mehrheitsbeteiligung der französischen Aluminium-Gesesellschaft eine auf der finanziellen und kreativen Mitbeteiligung der Angestellten begründete Form der Arbeitsteilung perfektioniert, die ihrer und wohl auch wieder unserer Zeit weit voraus ist. 110 Arbeiter und 60 Angestellte entwickeln in enger Verknüpfung zwischen Büro und Ausführung zahlreiche Prototypen wie Fassaden, Dachelemente wie Schalen oder Sheds, ganze Häuser, leichte Vorhangfassaden. Dort erforscht er neben industriell gefertigten Metallhäusern und vielem mehr die Möglichkeiten des "Mur-rideau", der "Vorhangfassade" die er gegen 1930 mit erfunden hat: Während die tragenden Strukturen ins Innere des Gebäudes verlagert sind und dort z. B. die Sanitär- oder Küchenanlagen aufnehmen, hat die Fassade sich anderen Problemen zu stellen, wie Wärmeisolierung, Licht, Belüftung, Sonnenschutz, Ästhetik.


Trotz Rationalisierung und industrielle Organisation gab es kein Fließband, gleiche Konstruktionen wichen beträchtlich von einander ab und erlaubten Individualisierung und Verbesserung. Die Innovationskraft und der Ideenreichtum von Jean Prouvè kannte keine Grenzen und machte auch vor Häuser "ab Werk" keinen Halt. Am Höhepunkt seiner Fertigung beschäftigten die "Société des Ateliers Jean Prouvè" 250 Arbeitnehmer. Doch zum 1. Juli 1953 scheidet Jean Prouvé aus seiner Firma aus, als die französische Aluminium-Gesellschaft die Mehrheitsbeteiligung an seiner Firma übernimmt, die 1956 den Namen wechselt und 1981 geschlossen wird. Der Hauptaktionär "Aluminium Francais" fordert die Vereinheitlichung der Produktion. Trotz der Übernahme bleibt Jean Prouvé die treibende, innovative Kraft. Er scheitert jedoch an der Verwaltung und Produktionsorganisation.

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18.5.14

[ #fotografie ] Die Befreiung der Fotografie von der Malerei.

1918 gibt Moholy Nagy nach dem Abschluss des Jura-Studiums die Juristerei auf und lebt als Maler. 

Schon früh tritt er in Ungarn als Gründer der Künstlergruppe "Ma" hervor, geht dann nach dem Scheitern der Revolution 1920 nach Berlin, wo Gropius auf ihn aufmerksam wird und ihn 1923 ans Bauhaus beruft. Dort leitet Moholy-Nagy die Metallklasse, beschäftigt sich allerdings nebenbei mit sämtlichen anderen Bereichen der Gestaltung und ist auch hier einflussreich tätig. Seine Ideen veröffentlicht der Künstler in der Reihe der Bauhausbücher, z.B. "Malerei, Fotografie, Film" (1925).

Für den Fotohistoriker Herbert Molderings beginnt diese Geschichte der modernen Fotografie mit diesem Buch:
"Sein Verdienst besteht darin, dass er in diesen spielerischen Verfahren die künstlerischen und gestalterischen Möglichkeiten vollständig erkannt hat. In der Tat war es so, dass im Grunde sämtliche Tricks, sämtliche Techniken, die in der neuen Fotografie zur Anwendung kamen, wie die extremen Perspektiven, von unten gesehen, von oben gesehen, wie der Negativabzug, die Fotografie ohne Kamera, wie die Fotomontage und viele andere Verfahren als rein spielerische Übungen zwischen 1890 und 1920 praktiziert worden sind. Außerhalb der offiziellen Fotografie und vor allem außerhalb dessen, was man in der Fotografie als Kunst akzeptierte. In der Fotografie als Kunst hat man um 1900 bis 1920-25 nur die weichzeichnende , impressionistische Fotografie, die die Malerei nachahmte, akzeptiert, aber nicht solche amateurhaften Spielereien. Moholy-Nagy hat in diesen optischen Spielereien das gestalterische Potential erkannt und hat sie dann, gemeinsam mit den naturwissenschaftlichen Verfahren, zum Ausgangspunkt einer neuen Ästhetik gemacht."

Funktionalität. Die Ansprüche des technischen Zeitalters und seiner neuen Medien führen Moholy-Nagy so zu einer funktionalen Nutzung der Abstraktion, welche er in allen Bereichen der Gestaltung aufzuzeigen vermag und die ihn durch unterschiedliche Phasen des Experimentierens schickt. Sein vielseitiges künstlerisches Schaffen reicht dabei von der Malerei über die Fotografie, Film, Design und Bühnenbildnerei bis hin zu Fotogrammexperimenten, welche wegbereitend für die Lichtkunst und die kinetische Kunst sind.

Mit Gropius verlässt Moholy-Nagy 1928 das Bauhaus und arbeitet als Bühnenbildner, Ausstellungsgestalter, Typograph und Filmemacher in Berlin. In den folgenden Jahren arbeitet er als Bühnenbildner für Piscators Volkstheater und die Staatsoper 1934 muss er emigrieren, ist zunächst in Amsterdam, dann in London, bis er 1937 in die USA emigriert und dort in Chicago das "New Bauhaus" leitet. 1938 eröffnet der Künstler in Chicago sein eigenes Institut, die "School of Design", die er in den folgenden Jahren um die Fächer Ökonomie, Psychologie und Informationstheorie erweitert. 1946 stirbt Moholy-Nagy nach einjähriger Krankheit.

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4.5.14

[ #design ] Was tragen Sie im Bett?: "Just a few drops of N°5"

Gabrielle Chanel (1883-1971) mit dem Künstlernamen "Coco" bringt am 5. Mai 1921 das Parfum "Chanel N°5" auf den Markt. Das ehemalige Waisenhauskind schafft aber mehr als nur Parfum: Das schlichte Flakon mit dem unprätiösen Namen ist eine kleine Revolution im Design. Neuerungen von Coco Chanel haben sich bis heute gehalten.

Neues Frauenbild. Coco Chanel  (* 19. August 1883 in Saumur, Pays de la Loire; † 10. Januar 1971 in Paris), die den Kurzhaarschnitt, Frauenhosen, Sportlichkeit und so bequeme wie elegante Kleidung in Mode brachte, war Zeit ihres Lebens eine Verfechterin weiblicher Modernität.


Neues Marketing. Ein schlichter, zeitloser Name, eine ebensolche Verpackung: Als Coco Chanel im Jahre 1921 ihren Duft N° 5 vorstellte, verzichtete sie bewusst auf einen exotisch oder verführerisch klingenden Namen – nicht ahnend, dass sie damit ein Synonym für luxuriöse Damenparfums schaffen würde. Ohne dafür unter Vertrag zu stehen, leistete Marilyn Monroe vermutlich den größten Werbebeitrag für das Parfum: Die US-Schauspielerin antwortete 1955 auf die Frage, was sie im Bett trage, mit den Worten: "Einige Tropfen Chanel N° 5."  (What do you wear to bed? - Just a few drops of N°5 ).


Neues Design. Doch was wäre "N° 5" ohne das richtige Outfit? Revolutionär war auch der eckige Flakon (fla'koñ, frz., geschliffenes Glasfläschchen, Parfümfläschchen). Gegen die zierlichen Fläschchen, die als Parfumbehälter damals auf dem Markt waren, musste das markante und zugleich erstaunlich schlichte Flakon bahnbrechend wirken.



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