3.5.14

[ #geschichte ] Laternisieren.

Teile der Wiener Bevölkerung erstürmten am 6. Oktober 1848 das k.u.k. Kriegsministerium  Am Hof, wobei Theodor Baillet von Latour gelyncht und anschließend an einer Straßenlaterne aufgehängt wurde. Für dieses Vorgehen erfanden die Aufständischen das Wort "laternisieren" und drohten es auf weitere Personen anzuwenden.


Die Revolution war denn auch bald vorbei und das nachfolgende Regime mit der Thronbesteigung Kaiser Franz Josef I. am 2. Dezember 1848 mündete schließlich in den Weltkrieg von 1914. Geblieben sind die Grundentlastung der Bauern, Voraussetzung für eine Entwicklung von der agrarisch-feudalen Gesellschaft Österreichs zur Industriegesellschaft und zu einer kapitalorientierten Wirtschaft und der Gedanke, dass Politik eine öffentliche Angelegenheit ist, nicht mehr nur die Angelegenheit der Kabinette, Minister und Staatslenker, sondern eine, an der prinzipiell alle Bürger und Bürgerinnen teilhaben. Seit 1848 hat sich in Europa und in der Folge in immer weiteren Bereichen der Welt die Vorstellung der bürgerlichen Demokratie als bester Regierungsform durchgesetzt; und schließlich wurde im Jahr 1848 zum ersten Mal die große Bedeutung der Medien für die Politik und das kollektive Bewusstsein deutlich.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Es ist auch der Ort der Entstehung von Militärdiktatur und der Meinungsfreiheit zuwiderlaufender Staatspropaganda. Die brachiale Niederschlagung der Revolution in Wien und die kaisertreue Propaganda führte dazu, dass die Generäle, welche die Revolution niedergeschlagen hatten - Windischgrätz, Jellacic, Radetzky -, im Gedächtnis blieben, während die Freiheitskämpfer und Demokraten vergessen wurden und man deren Andenken rechten und antisemitischen Kräften in Burschenschaften mit Karnevalskostümen überlässt. Anders war es in den habsburgischen Kronländern, wo die Revolution eine sehr starke Impulswirkung auf die Entstehung nationaler Identitäten hatte.

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