Die Bücher wurden nicht, weil sie jemand gelesen hatte, sondern auf bloßem Verdacht und häufig katholischer Denunziation hin verboten. Dafür gab es zahllose "Rechtsgrundlagen" im österreichischen Ständestaat, denen allerdings die formale verfassungsrechtliche Legalität fehlte und die in ihrer wirren Praxis und dem chaotischen System das Buchverbot zu einem Risiko für den Buchhandel gestalteten und schon so äußerst vorbeugend wirkte.
Verboten wurden auch Bücher, die in Deutschland verbrannt wurden: Kurt Tucholsky, Lerne lachen ohne zu weinen (nach § 303 St. G.), Bertolt Brecht, Lieder, Gedichte, Chöre (nach §§ 303, 305 St. G.), Egon Erwin Kisch, Geschichten aus 7 Ghettos (nach § 303 St. G.), Claire Goll, Ein Mensch ertrinkt. Roman (nach § 516 St. G.), Walter Mehring, und Euch zum Trotz. Chansons, Balladen, Legenden (nach § 303 St. G.). Eine polizeiliche Hausdurchsuchung nach Waffen (!) bei dem ausgewiesenen Pazifisten veranlasste Stefan Zweig schon 1934 zum Verlassen Salzburgs. Bis 1940 lebt er in Großbritannien im Exil.
Das Buch "Notizbuch des Provinzschriftstellers Oskar Maria Graf" wurde verboten, beschlagnahmt und gegen Oskar Maria Graf ein Strafverfahren eingeleitet. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil nach der Bücherverbrennung der Nazis im Jahre 1933, bei der Graf "verschont" worden war, dieser am 12. Mai in der Wiener Arbeiter-Zeitung seinen Protest "Verbrennt mich!" veröffentlichte. Das klerikofaschistische System Österreichs reagierte nicht anders als das deutsche nazistische, freilich mit weniger Machtressourcen und auf österreichisch chaotisch, Kakanien halt.
Aus dem Beschlagnahmeverfahren gegen Graf ist die Aussage des Gerichts zum Verbot bekannt: Im Urteil heißt es u.a., die inkriminierte Stelle bildet eine Verspottung und Herabsetzung der Lehren der katholischen Kirche. Es wird in ironischer Weise zum Ausdrucke gebracht, dass das Auswendiglernen des Katechismus zur natürlichen Folge habe, dass man nichts glaube, es wird gesagt, dass, wer katholisch sei, schon darum nichts glauben könne, weil er gewissermaßen den Unglauben an alles, was ist, schon mit auf die Welt bekomme.
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- 9.7.14 [Letzte Aktualisierung, online seit 17.6.13]
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