14.1.16

[ #film ] Papas Kino ist tot.

Oberhausen, ehemals graue Revierstadt, ist seit 1954 zum internationalen "Mekka des Kurzfilms" geworden. 

Was einst als eine Arbeitstagung von Volkshochschul - Mitarbeitern gegen den Schund der Heimatschnulzen in deutschen Kinos begann, ist seit Jahren etabliertes Barometer für den Zustand des Kurzfilms in all seinen Sparten. Dahin auch die Aufbruchstimmung der frühen 60er Jahre, als das "Oberhausener Manifest" 1962 den Beginn des jungen deutschen Films einläutete, der Ausgangspunkt für die heute im Ausland hochangesehene deutsche Spielfilmproduktion wurde.

Auf dem Kurzfilmfestival in Oberhausen geben junge Filmemacher am 28. Februar 1962 eine Erklärung ab, in der sie ihren Glauben an den "Neuen Film" bekunden. Diese Erklärung - das "Oberhausener Manifest" - wurde später provokativ mit dem Slogan "Papas Kino ist tot" übersetzt. Das Manifest liest sich heute völlig unspektakulär.

Heimatfilme wie "Sissi" sind immer wieder gleich gestrickt, besitzen ein Happy End und erzählen von der imaginierten Schönheit Deutschlands und Europas. Indem nur heitere deutsche Filme produziert werden - dies ähnelt der ablenkenden Kriegsproduktion - soll die unmittelbare Vergangenheit verdrängt und auch aus dem Kino gedrängt werden. Nur, was dem Staat gefällt, wird finanziell unterstützt und in die Kinos gebracht.

Die jungen Regisseure jedoch sind nicht mehr gewillt, sich diesen deutschen Produktionsbedingungen zu unterwerfen. Das bedeutet das Todesurteil für Papas Kino, denn die Zukunft wird anders aussehen.



Aus dieser Aufbruchstimmung heraus entstanden einige Jahre später die größten Filme von Wim Wenders und Rainer Werner Fassbinder. Für viele stehen die Auflehnung und die Forderungen der Filmemacher von damals in engem Zusammenhang mit der politischen Protestbewegung in den 1970er Jahren. Und das lange als "rot" verschriene Kurzfilmfestival pflegte intensive Kontakte zum DDR-Film, nahm gegen reaktionäre Zensurbemühungen Stellung und nahm die in den 70-er Jahren erfolgende Ostpolitik der sozialliberalen Koalition vorweg. Als unmittelbare Folge darf auch die Gründung des Kuratoriums Junger Deutscher Film gelten. Diese Stiftung sollte Nachwuchsregisseuren den ersten Spielfilm ermöglichen, sofern sie einen Kurzfilm gedreht hatten, der sich vor einer Fachjury bewährte.

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