9.6.14

[ #geschichte ] Keuschheitskommission.

Mit bürgerlichem Namen hieß sie  Emilie Demel, nein Emilie Turecek, mit Mädchennamen Pemmer. Sie heiratete 1874 den Fiaker Demel. Die selbstbewusste und emanzipierte Frau war eine gefeierte Wiener Volkssängerin. Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss haben der "Fiakermili" in der Lyrischen Komödie "Arabella" ein Denkmal gesetzt.



Volkssängerin. Das war zu dieser Zeit noch gar nicht so leicht, denn Volkssängerinnen durften erst seit 1871 öffentlich auftreten. Für die männlichen Kollegen war dies immerhin seit 1852 ein "anerkannter" Beruf. So wie die Volkssänger schwarze Kleidung tragen mussten und sich nicht verkleiden durften, so trugen auch die Volkssängerinnen hochgeschlossene schwarze Kleidung. Nicht so die "Fiakermilli". Sie trat in einem hübschen Reitkostüm auf, das sie aber von der Polizei bewilligen lassen musste. Es musste der Ruf des "Verruchten" an diesem Beruf hängen: die Volkssänger mussten mindestens zwanzig, der Leiter mindestens dreißig Jahre alt sein.



Lieder in Hur und Moll. Wie überhaupt das Volksliedwerk aus Sittengründen verbotsgefährdet war: Eine eigene Gattung bilden die Spittelberger Lieder, Hurenlieder, die nach dem Wiener Stadtteil Spittelberg benannt sind, der sich Anfang des 18. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Prostitution entwickelte. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts blieben diese Lieder unter Verschluss. Erst nach Öffnung der "Secretierten erotischen Sammlung" der Wiener Stadtbibliothek wurden unter anderem auch die Spittelberger Lieder der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.


Keuschheitskommission der Maria Theresia. August Bebel (1840-1913) beschreibt in seinem Buch "Die Frau und der Sozialismus" Wien im 18. Jahrhundert folgendermaßen:
Mit am schlimmsten stand es in den beiden deutschen Hauptstädten, in Wien und Berlin. Im deutschen Capua, in Wien, herrschte zwar einen großen Teil des Jahrhunderts die sittenstrenge Maria Theresia, aber sie war ohnmächtig gegenüber dem Treiben eines reichen, in sinnlichen Genüssen versunkenen Adels und der ihm nacheifernden bürgerlichen Kreise. Mit ihren Keuschheitskommissionen, die sie niedersetzte und mit Hilfe deren ein ausgedehntes Spioniersystem organisiert wurde, rief sie teils Erbitterung hervor, teils machte sie sich lächerlich damit.
Der Erfolg war übrigens gleich Null.

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