23.8.14

[ #antisemitismus ] Taufe ohne Segen

Als Segen für die Kindheit und Jugend durfte der in Düsseldorf am 13.Dezember 1797 geborene Heinrich (Harry) Heine die Eroberung der Rheinlande durch die französische Revolutionsarmee begreifen. Denn mit dieser Armee wurde in den eroberten Gebieten der Code Civil eingeführt, der Juden zu gleichberechtigten Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft machte. 

Eigenartig ist, dass Heine als deutscher Jude den Namen Harry erhielt. Sein Vater übernahm diesen englischen Namen von einem Freund. Unter diesem Namen wird er auch vom Rabbiner in das Buch der Gemeinde eingetragen. Beide Elternteile entstammten wohlhabenden jüdischen Familien, die den Hoffaktoren angehörten. Das ist auch der Grund, warum beide bestimmte Privilegien inne hatten, wie zum Beispiel Ghettofreiheit.

Unfreiheit statt Befreiung. 1814, nach den so genannten "Befreiungskriegen", büßten die preußisch gewordenen Rheinprovinzen die allgemeine Rechtsgleichheit wieder ein, die Juden wurden erneut zu Bürgern zweiter Klasse. Nach 1815 trat jetzt erstmals eine Kritik an der Emanzipation der Juden an die Öffentlichkeit und wurde zu einem Faktor im politischen und geistigen Prozess: Traditionelle Antipathie gegen Juden und neue, die sich an bestimmte Tendenzen im radikalen, neuen demokratischen Nationalismus anschließt, Fremdenhass und Identitätsangst im "christlich-teutschen" Kreis sind dafür so charakteristisch wie judenfeindliche (Hepp, Hepp!) Krawalle von Bauern und kleinen Bürgern 1819, eine Art Revolte der alten gegen die neue Zeit, Kehrseite der sozialen Wandlungen in einer Krise und auch Ausdruck der Unzufriedenheit gegenüber den Regierungen.


Makel der Taufe. Ab 1822 verschärfte sich in Preußen der Rechtsdruck. Man hob das Judenedikt von 1812 wieder auf. Mit dem Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate vom 11. März 1812 wurden die in Preußen lebenden Juden Inländer und preußische Staatsbürger. Es blieb aber mit seiner unvollständigen Emanzipation der jüdischen Mitbürger hinter der napoleonischen Judeemanzipation zurück. 1823 schloss man sogar Synagogen. Reformen waren unmöglich geworden. Der Student der Rechte Heine krönte sein Studium folgerichtig mit einer christlichen Taufe. Die Konversion zum Protestantismus sollte ihm das "Entréebillet zur europäischen Kultur" verschaffen. Vergebens. Der junge Mann, wie auch der reife und der alternde – sie wurden in Deutschland den Makel der Geburt nie los. Der Makel der Taufe trat hinzu: "Ich bin jetzt bey Christ und Jude verhasst. Ich bereue sehr, dass ich mich getauft hab" – so Heine 1826.

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