2.7.14

[ #literatur ]Er kann mich hinten lecken!

"Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Ein Schauspiel (1773)" geht zurück auf die Autobiographie dieses im 16. Jahrhundert lebenden Gottfried von Berlichingen, wobei es Goethe mit den historischen Fakten nicht allzu genau nimmt.

Plünderer als Robin Hood. Das Goethestück wird sehr häufig quellenähnlich zitiert, was zu einem völlig verqueren Bild von Götz von Berlichingen führt. Er macht aus dem plündernden und raubenden, streitsüchtigen Götz den letzten Reichsritter, der schließlich von der neuen Zeit überrollt wird. In der Fehde mit dem Bamberger Bischof wird dieser durch die Intrige seines ehemaligen Jugendfreundes Weislingen von den Truppen des Götz eigentlich wohlgesonnenen Kaisers gefangen und unter Reichsbann gesetzt, d.h. zur Untätigkeit verdammt. Weislingen hatte sich zu Beginn des Dramas zunächst mit Götz ausgesöhnt, war aber erneut wortbrüchig geworden - auch weil er einer frühen "femme fatale" in die Hände fällt, die ihn nicht nur für ihre Zwecke instrumentalisiert, sondern nach einigen angedeuteten wie vollzogenen Ehebrüchen schließlich sogar vergiftet.

Überhaupt wird in dem Drama viel gestorben: Nicht nur in den vielen Schlacht- und Kampfhandlungen - wie der Kaiser (von den Zeitgenossen als der "letzte Ritter" bezeichnet) stirbt schließlich auch Götz und mit ihm eine ganze Epoche. Als der alte Mann nach Jahren der Untätigkeit von den aufständischen Bauern gezwungen wird, ihren Aufruhr anzuführen, misslingen aufgrund einer Intrige seine Versuche, deren Mordbrennerei zu mäßigen, und er wird schließlich abermals gefangen gesetzt. Er stirbt im Garten vor dem Gefängnisturm mit dem programmatischen Ausruf: "Freiheit! Freiheit!"



Götz-Zitat. Das berühmte Zitat aus Goethes Schauspiel wird ab der zweiten Auflage nicht mehr gedruckt: In der Mitte des Stücks steht der mit dem Häuflein seiner letzten Getreuen in seiner Burg eingekesselte Götz am Fenster und ruft dem Anführer der weit überlegenen kaiserlichen Truppen zu: "Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann mich (im Arsch lecken!)" - Die letzten drei Worte werden getilgt, aber den Zuschauern (und Lesern) war durchaus klar, was da ausgelassen wurde. Hier wird wohl noch am ehesten über den zeitlichen Abstand hinweg nachvollziehbar, welche ungeheure Provokation das Stück des jungen, bis dahin weitgehend unbekannten Goethe für die Zeitgenossen darstellen musste. Historisch genau verhielt es sich auch anders: Als er 1519 im Krieg zwischen dem Schwäbischen Bund und Herzog Ulrich von Württemberg, dem Götz beistand, von einem kaiserlichen Unterhändler zur Aufgabe bewogen werden soll, antwortet er: "Er kann mich hinten lecken!" Als Goethe Götz von Berlichingen zum Helden seines Dramas erkor, machte er daraus den Satz: "Er kann mich im Arsch lecken!"


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