26.4.14

[ #fotografie ] Die Vermessung der Natur.


Die Metallplatte (16 x 21 cm) zeigt das Bild des Durchschnitts durch den Stängel einer Clematis und wurde am 4. März 1840 - ein Jahr nach der Vorstellung der Daguerrotypie durch L.J.M. Daguerre im Sommer 1839 in Paris - vom österreichischen Physiker und Chemiker Andreas von Ettingshausen (1796-1878) durch ein Mikroskop gemacht. 

Das außergewöhnlich gut erhaltene Bild des Durchschnitts durch den Stängel einer Clematis (Waldrebe) ist eines der ältesten erhaltenen Lichtbilder weltweit. Die Aufnahme durch das Gasmikroskop dauerte fünf Minuten und zeigt den Pflanzendurchschnitt in 14-facher Vergrößerung. Datiert, signiert und mit einer Erklärung des Versuchs versehen, stellt das Werk eine der Inkunabeln der wissenschaftlichen Fotografie überhaupt dar.

Andreas Ettingshausen, Professor für Physik an der Wiener Universität, begann also sofort Forschungen über Nutzung und Verbesserung in Angriff zu nehmen. Er erkannte sofort, dass die eigentliche Schwäche in der minderwertigen Leistung der Linse, einem simplen Achromaten von 380 mm Brennweite und Lichtstärke 17 – lag. So wandte er sich in Wien an Dr. Josef von Petzval, Professor für Physik und Mathematik am k.k. Polytechnischen Institut in Wien, um ihn für sein neues Vorhaben - die wissenschaftlich-mathematische Berechnung eines Linsensystems - zu gewinnen. Die Berechnung die Petzval in völlig neue Gebiete der Optik führten, dauerten mehrere Monate und waren Anfang 1840 abgeschlossen, Die Belichtungszeit betrug damit statt 15 Minuten 45 Sekunden, und damit stand der Fotografie von da an ein völliges Neuland offen.


Diese Berechnungen Petzvals für ein lichtstarkes Objektiv führten zur Gründung der Firma Voigtländer und zu den entsprechenden Tätigkeiten der Hof- und Staatsdruckerei sowie der späteren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und nicht zu letzt zu dem grundlegenden Schritt der fotografischen Druckverfahren durch den Professor der Anatomie Joseph Berres.



Dieser hatte 1831 die Lehrkanzel für Anatomie übernommen und die in Wien bis dahin noch ganz vernachlässigte mikroskopische Forschung auf ein hohes Niveau gebracht. 1840 versuchte er, geätzte Daguerreotypien für den Handpressendruck anzufertigen. Die wenigen, aber eindrucksvollen Blätter gehören zu den größten Seltenheiten, da sie neben J. Nicéphore Niepces Heliographien von 1826 die frühesten photomechanischen Drucke darstellen. 1854 erfand der Österreicher Paul Pretsch die Photogalvanographie, mittels eines Quellreliefs gelang es ihm, Halbtondruckformen für Hoch- und Tiefdruck erfolgreich herzustellen.

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