30.6.14

[ #literatur ] Nachkrieg: Der Todestango einer nationalistischen Linken


Paul Celan  wurde als Paul Antschel (rumänisch Anczel, Celan ist ein Anagramm von Ancel) am 23. November 1920 in Czernomitz (Bukowina) Ukraine - Chernivtsi, das 1920 zu Rumänien (seit 1774 Österreich bis 1918) gehörte, geboren. 

Paul Celan ist der Sohn deutschsprachiger jüdischer Eltern. Nach seinem Abitur im Jahre 1938 nahm Paul Antschel in Tours sein Medizinstudium auf, kehrte aber bereits im folgenden Jahr in seine Heimat zurück, um dort Romanistik zu studieren. 1940 war die Bukowina sowjetisch geworden, aber schon 1941 nahmen sie rumänische Truppen mit Hilfe deutscher Soldaten wieder ein. Für die jüdische Bevölkerung richtete man daraufhin ein Ghetto ein. 1942 wurden die Eltern Paul Celans deportiert und kamen in einem Vernichtungslager am Bug um. Der Dichter konnte zunächst fliehen, kam aber dann in das Arbeitslager Tirguliu.




Celan war angesichts des sich wiederaufbauenden Deutschland entsetzt über den wiederkehrenden Antisemitismus, über die Gleichgültigkeit, was die Verbrechen der Nazis an den europäischen Juden betraf. Gerade im Gedenken daran waren seine Gedichte entstanden, hatte sich das Pathos seiner Sprache, seines Vortrags entwickelt. Davon wollten die Realisten der Gruppe 47 - ein "Realismus, der nicht einmal erste Wahl ist", merkte Celan dazu an - nichts wissen. Celan hatte erwartet, in der Linken eine politische Heimat zu finden. Genau diese Erwartung erfüllte sich nicht. Für das, was ihm politisch wichtig war, die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten, das Unfassliche des Judenmords, hatte die Linke, so konnte es scheinen, nur insoweit Interesse, als der Terror der Nazis gegen die Arbeiterbewegung, die Sozialisten, die Kommunisten gemeint war. Bei denen aber sah Celan jetzt mehr und mehr nationalistische Bestrebungen.


1959 wird der bis dahin Staatenlose französischer Staatsbürger. Er starb im Alter von 49 Jahren, vermutlich am 26. April 1970 springt er in Paris in die Seine. Die Forschung sieht einen Zusammenhang mit der schäbigen antisemitischen Kampagne in Deutschland (Goll-Affäre). Paul Celan schrieb anfangs melodische Lyrik, die vom Surrealismus beeinflusst war. Später wurde das Gedicht zu einem Geflecht von Chiffren. 1959 schrieb er "Sprachgitter", Aussagen, die logisch nicht fassbar sind. Oft bricht das Gedicht im Verstummen ab.

[text4tube⇒]