2.10.14

[ #bildende-kunst ] Geplagt von Raubkopie und Zwangsehe

Staeck-Plakat zum Dürer-Jahr in Nürnberg 1971
Die Druckgraphik verbreitete sich in rasanter Geschwindigkeit über Europa. 

Bereits zwei Jahre nach der Entstehung von Dürers Kupferstich Adam und Eva von 1504 kann man nachweisen, dass der italienische Kupferstecher Marcantonio Raimondi aus Bologna dieses Blatt kannte, da er verschiedene Dürersche Elemente wie das Täfelchen mit dem Monogramm und den Schnüren sowie die Art der Körpermodellierung in seinem Kupferstich Apollo, Hyakinthos und Amor von 1506 übernahm.

Giorgio Vasari kolportiert in seinen Künstlerviten die Geschichte, dass "alcuni fiaminghi", also entweder einige Niederländer oder einige Deutsche, mit Holzschnitten und Kupferstichen Albrecht Dürers nach Venedig gereist waren. Als Raimondi diese Holzschnitte entdeckte, die auf der Piazza San Marco zum Verkauf auslagen, gab er dafür sein gesamtes von Bologna mitgebrachtes Geld aus. Es muss sich offenbar um die Holzschnittfolge des Marienlebens gehandelt haben, denn er reproduzierte die bis dahin entstandenen siebzehn Blätter sogleich als Kupferstiche, wobei er sogar das Monogramm Dürers mitkopierte, was dieser ihm - nach einer Anekdote Vasaris - allerdings zu untersagen versuchte.


Im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit taucht also das Phänomen der Raubkopie auf, mit der sich Geld verdienen lässt. Dies führt im Buchhandel sehr schnell zum Erlass von Privilegien zum Schutze der Ausgaben und Editionen vor unerlaubtem Nachdruck. Ein Beispiel ist eben die Reise in die Niederlande von Albrecht Dürer zum Schutz seiner Kupferstiche durch Kaiser Karl V. Oft bestand der Zweck des Privilegs jedoch weniger im Ausschluss anderer sondern in der Befreiung von Zunftregeln oder anderen Vorschriften.


Als Albrecht Dürer Pfingsten 1494 nach vierjähriger Abwesenheit nach Hause zurückkehrte, heiratete er schon am 7. Juli Agnes Frey, die Tochter eines wohlhabenden Bürgers. Dies erfolgte allerdings nur auf ausdrücklichem Wunsch seines Vaters hin. Denn dieser hatte mit Hans Frey die Verheiratung seines Sohnes mit dessen Tochter Agnes ausgehandelt. Agnes und Albrecht gehorchten zwar ihren Eltern, fanden aber selbst keinen Zugang zueinander und zeugten auch keine Kinder. Heiratete man jedoch gegen den Willen der Eltern, hatte man rechtlich gesehen das väterliche und mütterliche Erbe verloren. Noch im gleichen Jahr brach er zu seiner ersten Italienreise auf. Eigentlich eine Flucht vor der wütenden Pest. Seine Frau ließ er dabei im pestbetroffenen Nürnberg zurück.

1528 gibt es - und das ist urheberrechtlich ein weiterer Schritt - ein Privileg Kaiser Karl V. sogar für Dürers Witwe Agnes. Dürers "Vier Bücher von menschlicher Proportion" werden ausdrücklich zugunsten seiner Witwe Agnes unter Schutz gestellt. Mehrfach bezeichnet die Urkunde Albrecht Dürers Werke als seine "Erfindung". Damit sie dem "gemeinen Nutz" dienen können, ohne dass der Autor bzw. seine Nachkommen Schaden erleiden, greift die politische Gewalt regulierend in den Kommunikationskreislauf ein.

[text4tube⇒]