2.10.14

[ #film ] Reptillienfütterung.

Am 6. Juni 1956 findet die Premiere des Stücks "König Heinrich IV." am Residenztheater in München statt. Hauptdarsteller ist Klaus Kinski. Doch der Funkwagen mit dem Haftbefehl gegen Klaus Kinski ist schon unterwegs. In letzter Minute wird die Verhaftung aufgehoben. Kinski amüsiert sich: Der Staat bezahlt mit Staatsgeldern (aus dem Reptilienfonds) die Finanzstrafe wieder dem Staat.

Ein Reptilienfond ist eine "schwarze Kasse" aus anderweitig aus Haushaltsgeldern abgezweigten Mitteln oder aus vor der Steuer verstecktem Schwarzgeld, die in der Regel zur politischen Einflussnahme oder zur Zahlung von Schmiergeldern benutzt wird und über deren Verwendung keine öffentliche Rechenschaft abgelegt werden muss. Eine Praxis, die bis heute in öffentlichen Haushalten weiterbesteht! Die Bezeichnung ist historisch belegt: Mit Reptilienfond bezeichnete Bismarck seine geheime Kasse, aus der er den Kampf gegen Regimegegner (Reptilien in Bismarcks Sprachgebrauch) finanzierte.


Nach der Annexion Hannovers nimmt Bismarck 1866 den Widerstand des abgesetzten Königs Georg V. zum Anlass, um dessen Privatvermögen zu beschlagnahmen und unter dem Vorwand der Bekämpfung "welfischer Umtriebe" für seine politischen Ziele einzusetzen. Als ihm Anfang 1869 vorgehalten wird, diese und andere Gelder zur Korrumpierung der Presse verwenden zu wollen, bekennt er sich durchaus zu dieser Absicht: "...ich glaube, wir verdienen Ihren Dank, wenn wir uns dazu hergeben, bösartige Reptilien zu verfolgen bis in ihre Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie treiben." Bismarck verhöhnt seine Kritiker sogar mit den Worten: "...aber machen Sie uns aus dem bedauerlichen Zwang, daß wir Gelder zu solchen Zwecken verwenden müssen, keinen Vorwurf; probieren Sie erst, ob Sie Pech anfassen können, ohne sich zu besudeln."


Aufgrund dieser Äußerung wird Bismarcks Geheimfond als "Reptilienfond" bekannt. Dabei erfährt Bedeutung "Reptil" allerdings einen Wandel: Die liberalen Kritiker Bismarcks verwenden es als Synonym für kriecherische, regierungshörige Journalisten. Bismarck beklagte sich darüber 1876 im Reichstag mit den Worten: "Wie entstand das Wort Reptil? Ich nannte Reptile die Leute, die im Verborgenen gegen unsere Politik, gegen die Politik des Staates intriguieren. Und nun hat man das Wort umgewendet und nennt Reptile gerade diejenigen, die das aussprechen, was die Regierung will." Aus diesem Reptilien-Fond ist auch Ludwig II. geschmiert worden, Schloss Neuschwanstein ist teilweise auch mit Geldern aus diesem Reptilienfond bezahlt worden. Denn Bismarck musste Ludwig II. auf seine Seite kriegen, damit dieser den berühmten Brief schrieb, damit die deutschen Fürsten Wilhelm I. von Preußen zum deutschen Kaiser vorschlagen.

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